16.12.2010

VOIVOD - To The Death - Teil 2






Auf dem folgenden "Angel Rat"-Album (1991) zeigten sich Voivod fast handzahm, der Schritt vom extrem technischen "Nothingface" zum leichtfüßigen, Indiependent-beeinflussten Psychedelic Rock war erneut so riesig, dass hier die ersten Fans mit der weißen Flagge wedeln mussten. Viele warfen der Band Ausverkauf vor und bezichtigten sie des Verrats (an was eigentlich?), so wie es Metalfans eben immer machen, wenn etwas auf sie zukommt, dass im Oberstübchen die "Unbekannt"-Glühbirne aufleuchten lässt. Für mich ist "Angel Rat" ein in jeder Hinsicht erstaunliches Album mit einer tollen, weil mutigen Produktion (Terry Brown - bei Rush-Freunden dürfte es jetzt klingeln) und einer dank der großen Pink Floyd-Schlagseite fast schon meditativen, friedlichen Stimmung. Wenn jemand den definitiven Beweis benötigt, dass Voivod ihrer Zeit um Jahre vorausgeeilt waren, dann hört man am besten "Angel Rat".





"The Outer Limits" (1993), benannt nach einer alten Science Fiction TV-Serie, geriet im Anschluss wieder um einiges erdiger, was vor allem an der satten Gitarre von Piggy und am kräftig in Szene gesetzten Punch Aways liegt. Das Songmaterial war deutlich rockiger und straighter als noch auf "Angel Rat", auch wenn man mit dem tonnenschweren "Le Pont Noir" (vielleicht ja doch einer ihrer besten Songs, zur Hölle!) und natürlich mit "Jack Luminous", einer 17-minütigen Wahnsinnsnummer die Synapsen, Elektronen, Neuronen, Schaltkreise, Amöbensiedlungen und ganze Köpfe zusammenschmurgeln lässt. Was für ein gnadenlos zu Unrecht unbekanntes Album, ja lecken sie mich doch glatt am Arsch!






Mit "Negatron" verabschiedeten sich Voivod von ihrem progressiven, von Wave und Rock'n'Roll beeinflussten Sound der drei Alben "Nothingface", "Angel Rat" und "The Outer Limits"
 in Richtung ihrer rauhen Anfangstage; offensichtlich eine Reaktion der beiden Bandköpfe Michael "Away" Langevin und Denis "Piggy" D'Amour auf den Ausstieg ihres langjährigen Sängers Denis "Snake" Belanger, der nach der "The Outer Limits"-Tour von Depressionen geplagt seinen Hut nahm. Ur-Bassist Jean-Yves "Blacky" Theriault war bereits nach den Aufnahmen zu "Angel Rat" ausgestiegen und wurde seither durch Sessionmusiker ersetzt, so war der Weg zu einer Runderneuerung frei, die von Kritikern paradoxerweise als Rückschritt angesehen wurde - eine Einschätzung, die ich ganz nonchalant als falsch bewerte. Zusammen mit dem ehemaligen Liquid Indian-Bassisten Eric "E-Force" Forrest ließ man in den nächsten zwei Jahren zwei Alben auf die Menschheit los, die sich in der grundlegenden Ausrichtung natürlich am krachigen Beginn orientierten, aber um soviel durchdachter und ausgefeilter waren, dass nur Musikkritiker (Pfui Deibel!) hier einen Rückschritt erkennen konnten. Das Trio berücksichtigte vor allem die veränderten (modernen) Zeiten und nahm hier und da Elemente aus der damals blühenden Industrialszene auf. So klangen Voivod insgesamt moderner, der kleine Underground-Hit "Nanoman" von 95er Album zeigt eindrucksvoll das frische Blut, das E-Force in die Band brachte. Voivod schufen sowohl auf "Negatron" und noch mehr auf "Phobos" ihre musikalische Vision eines postmodernen Zeitalters.






Selbst angesichts des immer schneller werdenden Wandels im Musikgeschäft, gesunkener Relevanz und unter den daraus resultierenden durchaus widrigen (finanziellen) Bedingungen - wobei sich "Negatron" weltweit immerhin noch über 75.000 Mal verkaufte - holten Away, Piggy und E-Force hörbar alles aus sich heraus. "Phobos" ist ein verwehter, verzweifelter und brettharter Klumpen Musik, konzeptionell perfekt arrangiert und produziert. Away sagte zum Konzept von "Phobos":

"Der Titel soll Furcht und Verlorenheit ausdrücken. Phobos ist einer der beiden Monde, die den Mars umkreisen - und zwar der, der meiner Meinung nach der schönere ist. Dieser Mond, so sagen Wissenschaftler, ist dazu verurteilt, in ferner Zukunft wie ein Meteor auf den Mars zu krachen. Wir wollen mit dem Albumtitel die Gefühle ausdrücken, die Phobos hätte, wenn er leben und wissen würde, was mit ihm eines Tages passiert.“

So spinnt die Band eine Geschichte rund um diesen Mond, sie zeigt Stärke, Stolz und Aggresivität,
aber gleichzeitig Verwundbarkeit, Tristesse, Trauer und Verzweiflung im Zeichen des Untergangs.
Das gelingt ihnen so eindrucksvoll, dass "Phobos" für mich unbestritten mein persönliches Lieblingsalbum ist.


..............................to be continued...................................



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