04.01.2014

2013 ° Platz 18 ° Jessy Lanza - Pull My Hair Back



JESSY LANZA - PULL MY HAIR BACK


Die Spex, nach der Intro die unerträglichste aller Checkercliquen im trüben musikjournalistischen Abwasserauffangbehälter, bezeichnete das Debut dieser kanadischen Dame als "Entwurf von Pop als intelligente Lebensform", und nachdem ich die Kotzebrocken mit den Fingern durch den Ausguss gedrückt habe, können wir ja mal schauen, was davon übrigbleibt, wenn die Nadel im Kopf wenigstens schwach vor sich hin glimmt. Erstens ist Lanzas Debut grundlegend kein Entwurf, sondern im Gegenteil ein ziemlich finales Statement aus dem Destillat von dreißig Jahren Soul, Funk, Blues und elektronischer Clubmusik. Zwotens: es muss nicht immer alles Pop sein, was nicht bei "Drei" auf den Bäumen sitzt, nur um mutmaßliches Verständnis von kulturellen Zusammenhängen wie ein zerlaufendes Ed von Schleck-Eis aus der Hose hängen zu haben, in der Hoffnung, die unkritische Masse leckt's einem schon irgendwie vom schlaffigen Faltensack. Drittens: Pop ist keine Lebensform und er wird auch durch einen Entwurf nicht zu einer solchen. Viertens: ausgerechnet die Spex schmeißt 2013 noch das Pop-Stigma hoch, dass Popmusik nur von Amöben und niederen Pilzen goutiert werden kann?  Bitch, please...?!

Lanzas gemeinsam mit dem Junior Boys Mitglied Jeremy Greenspan sorgfältig erdachte Kompositionen erscheinen zunächst distanziert und kühl, wie sie sich so entstrüppt und befreit von Anbiederungskopfnicken durch die ersten Minuten des Albums schlängeln, allerdings fungiert spätestens die kleine Discohymne "Keep Moving" als Türöffner zu der Erkenntnis, dass dieses elegante und distinguierte Werk die mutmaßliche Distanz zum Hörer nur als Fata Morgana aufrechterhält. "Pull My Hair Back" ist also viel mehr die zaghafte Nebelmaschine zum intelligenten [sic!] Themenkomplex "Sexy, funky Fuckers", und das ikonenhafte Artwork - eines der schönsten des Jahres, wenn man mich fragt - fügt sich ganz hervorragend in das Bild einer zarten, und doch überaus selbstbewussten Musik ein.

Erschienen auf Hyperdub, 2013.

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